Strategie für Demo-Organisatoren gegen Unterwanderung durch Rechtsextreme und Störer, orientiert an der französischen Protestkultur
1. Organisiert Demos mit nur einer einzigen, konkret formulierten und politisch sofort erfüllbaren Forderung.
Zum Beispiel: "Waffenlieferungen in die Ukraine sofort stoppen!", oder auch: "Mindestlohn rauf auf 15 Euro!"
2. Geht mit der Forderung direkt zu den Verantwortlichen in Berlin (oder anderswo).
3. Teilnehmen kann JEDER, allerdings OHNE Parteifahnen, ohne politische Werbung, egal in welcher Form, und ohne eigene Transparente.
4. Das Verteilen von Werbung, Zeitungen oder Prospekten, das Missionieren für themenfremde Ziele, das Rufen themenfremder Parolen sind verboten.
5. Es braucht keine Bühne, sondern nur ein entsprechendes Mikrofon (oder Flüstertüten) je nach Menge der Teilnehmer für Durchsagen der Organisatoren, maximal eine kurze Rede zum Thema. Diskutieren kann man später. Konzentriert euch auf den Marsch zu der Instanz, an die die Forderung gerichtet ist (bspw. Verteidigungsministerium, Arbeitsministerium,... ) und auf Parolen zum Thema.
6. Macht euch zum Ziel, dieses eine Thema durchzusetzen. Kommuniziert dieses Ziel nach außen. Ist es durchgesetzt, kann man über weitere Ziele nachdenken.
7. Seid euch bewusst, dass ein Erfolg nicht leicht zu haben ist. Darum ist es wichtig, sich auf eine Forderung zu konzentrieren und für diese so lange und so rabiat auf die Straße zu gehen, bis sich was bewegt. Kommuniziert das so nach außen.
8. Unkonkrete Floskeln eignen sich nicht für Demos, mit denen ihr was erreichen wollt. Mottos wie "Für Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit" können von jedem anders interpretiert werden. Für marktradikale Spinner bedeutet Freiheit die Freiheit der Märkte, nicht der Menschen. Andere mögen es gerecht finden, wenn man alle Armen verhungern lässt oder alle Migranten rauswirft. Unklare Floskeln lassen sich von Unterwanderern schnell pervertieren.
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Warum ist das wichtig?
Seit vielen Jahren versuchen Rechtsextreme, Proteste mit politisch unklaren Forderungen zu unterwandern und ihre Agenda darüber zu stülpen. Wir haben das in Ansätzen schon bei Occupy 2011 gesehen. Bei den Mahnwachen für den Frieden 2014 waren diese Versuche noch rabiater. Bei den Corona-Protesten und in der Basis geben harte Rechte mittlerweile den Ton an. Andocken können und konnten sie an unkonkrete, verschieden interpretierbare Forderungen.
Eine einzelne Forderung, klar ausgesprochen, die auch sofort politisch umsetzbar wäre, zieht mehr Menschen an und führt viel eher zu einem Erfolg oder Teilerfolg. Erfolge sind wichtig für die Anziehungskraft von Demos, die Entwicklung eines politschen Bewusstseins und einer Protestkultur.
Einzelne Forderungen, klar formuliert und verbunden mit dem Verbot für politische Werbung, Flyer, themenfremde Parolen etc., verhindern den Missbrauch und die Pervertierung des Demo-Anliegens. Jemand kann sich anschließen, wenn er bspw. für ein sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine ist. Oder wenn er bspw. für eine sofortige Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro ist. Also wenn er für genau diese Forderung ist. Und da interessiert dann die sonstige politische Gesinnung auch nicht, weil die ja gar nicht kundgetan wird.
Wer ein anderes Anliegen hat als das der Demonstration, darf ja gerne seine eigene Demo anmelden. Ein Protest gegen alles oder für alles mögliche ist ein Protest gegen oder für nichts und hat keinerlei Aussicht auf irgendeinen Erfolg.