🪶🪱 Der Regenwurm 🪱🪶
Regenwürmer sind blind, taub, stumm, können nur kriechen und haben noch nicht einmal einen irgendwie besonders geformten Körper. Genau genommen sind sie nur ein Strich in der Landschaft. Aber was für einer! Zum Beispiel produzieren sie Dünger, der zu den besten der Welt gehört.
Der Regenwurm ist eines der stärksten Tiere der Erde. Zumindest im Verhältnis zu seiner Körpergröße. Im 16. Jahrhundert hieß der Regenwurm noch „reger Wurm“, weil er ständig arbeitet und frisst. Von dieser regen Tätigkeit stammt auch sein heutiger Name. Mit Regen hat der Wurm nämlich gar nichts am Hut, ganz im Gegenteil. Regen endet häufig tödlich für den Wurm. Nicht etwa, weil er ertrinkt – es haben schon Regenwürmer in Boden überlebt, der fast ein Jahr lang überschwemmt war. Der Wurm wird durch die Vibration der Regentropfen aus der Erde an die Oberfläche gelockt, und dort erwarten ihn zerstörerisches UV-Licht oder eine hungrige Amsel.
Die bekanntesten Arten
Es gibt übrigens gar nicht „den“ Regenwurm. Allein in Deutschland kommen über 40 Arten vor, weltweit sogar über 3.000. Am bekanntesten bei uns sind der Tauwurm und der Kompostwurm. Wenn man einen Regenwurm sieht, ist es meistens ein Tauwurm (Lumbricus terrestris). Er ist 12 bis 30 Zentimeter lang und man erkennt ihn an seinem rötlich gefärbten Vorderende und seinem blassen Hinterteil. Der Tauwurm lebt in Wiesen, Gärten und Obstanlagen. Er gräbt bis zu drei Meter tiefe Gänge und durchwühlt den Boden sehr intensiv.
Der Kompost- oder auch Mistwurm (Eisenia foetida) ist mit 4 bis 14 Zentimetern Länge etwas kleiner als der Tauwurm und ist rot mit gelblichen Ringen um seinen Körper. Sein Name ist Programm: Er kommt fast ausschließlich in Komposthaufen vor, denn er braucht zum Überleben Erde, die sehr reich an organischem Material ist. Hauptsächlich ihm haben wir es zu verdanken, wenn aus Küchenabfällen fruchtbare Erde wird.
Umgraben, Boden belüften, düngen
Einen besseren Untermieter im Garten als den Regenwurm kann man sich fast nicht wünschen: Er gräbt freiwillig um, kompostiert altes Laub und düngt mit seinem nährstoffreichen Kot den Garten. Durch sein stetiges Graben belüftet der Regenwurm außerdem den Boden und schichtet Nährstoffe von unten nach oben. Auf einem Boden mit vielen Regenwurm-Gängen staut sich keine Nässe, sondern die Erde saugt den Regen auf wie ein Schwamm. Auch Pflanzenwurzeln und wichtige Bodenorganismen haben es in lockerem Boden leichter.
Ein Regenwurm gräbt und frisst praktisch ununterbrochen. Er ernährt sich von Blättern, abgestorbenen Pflanzenresten und Mikroorganismen. Er frisst pro Tag ungefähr die Hälfte seines Eigengewichts. In einer Nacht zieht der Regenwurm bis zu 20 Blätter in seine Wohnröhre und klebt sie mit seinem Schleim fest. Aber bevor der zahnlose Wurm fressen kann, müssen Pilze und Bakterien die Pflanzenteile mundgerecht für ihn zerkleinern. Und das bedeutet: Das Blatt verrottet, wie in einem Komposthaufen.
Wenn sich der Wurm das zersetzte Blatt einverleibt, nimmt er auch größere Mengen Erde auf. Im Darm wird das Ganze mit Pilzen und Bakterien vermischt. Der Kot von Regenwürmern ist nichts anderes als besonders gute Erde. Bodenbiologen haben herausgefunden, dass ein Regenwurmhäufchen ein besserer Dünger ist als ist als die gleiche Menge Kompost.
Ein Regenwurmmärchen
Fest verankert in der Volksmeinung ist die Vorstellung, dass aus einem in der Mitte getrennten Regenwurm sich zwei neue entwickeln. Aber wer kann schon mit seinem Hinterteil fressen? Tatsache ist: Nur das Vorderende mit den lebenswichtigen Organen lebt weiter, vorausgesetzt der Darm ist noch lang genug. Das Hinterende kann nachwachsen, ist aber nicht mehr so dick wie das Vorderende. Trotz dieser Regenerationsfähigkeit findet man solche reparierten Würmer nur selten, denn ein verletzter Regenwurm zieht sich an der Wunde sehr leicht eine tödliche Infektion von Pilzen oder Bakterien zu.
Kriechen und Graben