>>Nach einer lebenslänglichen Berieselung mit politischen Nachrichten kommt den meisten Bürgern kaum noch zu Bewusstsein, wie – wenn man es harmlos ausdrücken will – »überflüssig« Politik eigentlich ist. Man bedenke einmal: Tag für Tag, Stunde für Stunde, jahrein jahraus bringen die Rundfunk- und Fernsehsender Nachrichten. Und täglich glänzen die politischen Schlagzeilen in den Zeitungen. Nahezu hundert Prozent dieser Nachrichten handeln von politischen Geschehnissen, von nationaler wie internationaler Politik, von Politikern und Parteien, und von dem, was diese Herrschaften sagen, meinen, tun oder planen. Auf diese Weise wird – ganz unabhängig vom jeweiligen Inhalt der Nachrichten – der gesamten erwachsenen Bevölkerung eines jeden Landes ununterbrochen und ein Leben lang ins Bewusstsein gehämmert, Politik sei das wichtigste und unerlässlichste Element ihres Lebens. In Wahrheit aber, wenn es nach Maßgabe des Notwendigen ginge, wären die Politik und ihre Vertreter so überflüssig wie ein Kropf und nur eine Randerscheinung im Leben der Menschen. In etwa so wie in der Schweiz bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wo Politik überwiegend eine unbezahlte Neben- und Ehrentätigkeit war.
Nur wenn man sich vorstellt, es gäbe einmal – z.B. zur Abwendung eines Lauschangriffs außerirdischer Wesen – monatelang in sämtlichen Medien keine einzige Nachrichtenmeldung mehr, wird einem bewusst, wie unwichtig und überflüssig Politik eigentlich ist. Kein Bürger würde etwas vermissen, und die Parteifunktionäre könnten allesamt nach Hause gehen, weil sie sich alsbald wie Schauspieler vorkommen würden, die ihr Theaterstück vor einem leeren Saal vorführen. Wenn man eine Weile über eine solche Situation nachdenkt, kommt man zu dem Schluss, dass hierdurch keineswegs Probleme entstehen würden; ganz im Gegenteil würden sich die meisten Probleme, welche die Menschheit beschäftigen, nach und nach in Luft auflösen. Die Bürger würden erkennen, dass fast alle Problemlagen, die über den privaten Bereich hinausgehen, erst durch die Politik entstanden sind und von der politischen Kaste permanent am Kochen gehalten wurden, damit man dem Stimmvieh immer neue angebliche "Problemlösungen" verkaufen konnte.<<
(Roland Baader)