Als ehemaliger Demeter-Landwirt möchte ich meine Erfahrungen zu den Diskussionen über Kühe und Ernährung hinzustellen:
Unsere Kühe hatten Hörner und haben sogar auf ihren Namen reagiert. Jede Kuh ist bereitwillig an ihren Platz zum Anbinden gegangen und konnte so in Ruhe ihr Heu fressen und wiederkäuen, ohne von den stärkeren Kolleginnen ständig weggeschubst zu werden. Sie liebten es, wenn ich sie anerkennend melkte und gaben deshalb auch mehr Milch. Aus unserer Käserei kamen hervorragende Produkte. Unverträglichkeiten gab es bei unseren Kunden nicht. Aus ihrem Dung in Verbindung mit den biologisch-dynamischen Präparaten konnte hervorragender Kompost gemacht werden, welcher im Gesamtorganismus unseres landwirtschaftlichen Betriebes den Humus mit seiner Wasser- und Nährstoffhaltekapazität (u.a. CO2-Senke) aufbaute. Die Pflanzenvielfalt wuchs und das Klima auf dem Betrieb war ausgeglichener als auf Nachbarbetrieben, besonders im Sommer war es kühler. Wenn man dem Gesamtorganismus das Hauptorgan, die Kuh (aber auch das Huhn, das Pferd, das Schwein usw.) wegnimmt, dann ist es, als wenn man unserem eigenem menschlichen Organismus z.B. ein Stück des Magens nehmen würde. Der Organismus ist dann zunehmend geschwächt und wird krank.
Zum Schlachthof wurden unsere Kühe, nachdem sie uns ca. 12 Kälber schenkten, liebevoll und dankbar begleitet. So konnten sie stressfrei in den Tod gehen. Dadurch, dass ich selber Vegetarier war, konnte jemand anderes meinen Anteil Fleisch bekommen und brauchte deshalb nicht das Fleisch eines gestressten und vielleicht nicht artgerecht gehaltenen Tieres essen.
Mir stellt sich die Frage: Wenn wir so anfangen, welches Tier soll denn nach der Kuh vom Hof weichen, dann begründet mit Schweinegrippe, Vogelgrippe, Rinderwahn oder dergleichen? Man spricht schon davon, unsere Nahrung vollständig industriell herstellen zu wollen und die Höfe ganz abzuschaffen. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern bittere Wahrheit. Ist das dann besser? Wollen wir da hin? Die «Organplünderung» der Höfe scheint schon zu beginnen.
Ich würde mir wünschen, dass jeder Mensch, besonders die Jugendlichen, im Leben einmal für ein paar Wochen einen landwirtschaftlichen Organismus erleben darf, indem er dort mitarbeitet. Die allgemeinen Diskussionen über Nahrung, Natur, Klima, Wirtschaft und Politik würden dann sicherlich vernünftiger und realitätsbezogener ausfallen.
Herzlichst! Uwe Burka